Holzheizungen stehen in der Kritik. Ein Experte erklärt, mit welchen Methoden sie weniger Feinstaub und andere schädliche Emissionen abgeben.
Es tobt ein Streit um Pellet-Heizungen. Zunächst als klimafreundlich gepriesen, stehen sie nun als Waldvernichter und Emissionsschleudern am Pranger. Beat Müller vom Schweizer Bundesamt für Umwelt in Bern erklärt, welche Schadstoffe ausgestoßen werden, warum Kohlenmonoxid kein Problem ist – und was Partikelfilter und Abscheider bringen.
Herr Müller, Ihre Behörde hat die Abgase von diversen Heizungen erforscht. Wie viel Feinstaub setzt ein klassischer Kaminöfen frei?
Ein Kaminofen emittiert im Mittel rund 100 Milligramm Feinstaub pro Megajoule.
Ist das viel?
Das ist ziemlich viel. Öl- und Gasfeuerungen kommen auf Werte von rund 0,1 bis 0,2 Milligramm Feinstaub pro Megajoule.
Holzöfen blasen also tausendmal mehr Feinstaub in die Luft als Gas- oder Ölheizungen.
Ja, im Durchschnitt. Wenn Hunderttausende von diesen Öfen qualmen, steigt die Luftbelastung enorm. Wohnt man in einem Dorf, wo viele Menschen mit Holz heizen, gibt es schnell ein hohe Feinstaubbelastung im Winter. Das sehe ich hier in dem Dorf, in dem ich wohne. Da gibt es zwei, drei schlechte Holzfeuerungen. Wenn die loslegen, dann riecht man das sofort.
Pelletöfen gelten in Deutschland vielen als Heizung der Zukunft. Schaut man sich die Emissionen an, pusten sie aber ebenfalls enorme Mengen Feinstaub in die Luft, ungefähr die Hälfte der Emissionen von Kaminöfen.
Pellets sind oft etwas besser als Scheitholz, das stimmt. Unsere Ergebnisse zeigen Mittelwerte, die Streuung ist groß. Nicht unbedingt bei Öl und Gas, vor allem aber bei Holz allgemein und bei den Einzelraumfeuerungen können die Feinstaubwerte auch zehnmal höher, aber auch tiefer sein. Aber das muss nicht so bleiben. Man kann das Heizen mit Holz sauberer machen. Beat Müller Beat Müller : Bild: Bundesamt für Umwelt BAFU
Wie denn?
Die wichtigste Maßnahme zur Reduktion der Luftschadstoffemissionen aus Holzfeuerungen ist der Einsatz von sauberem und naturbelassenem Holz und eine möglichst vollständige Verbrennung. Das erfordert Sorgfalt beim Betrieb der Anlage und regelmäßige Kontrollen durch den Kaminfeger oder Feuerungskontrolleur. Voraussetzung ist eine Anlage, die eine vollständige Verbrennung erlaubt.
Warum sind die Emissionen bei Holz so enorm hoch im Vergleich zu Öl und Gas?
Bei der Holzverbrennung gast das Holz aus, am Ende verbrennt Holzgas. Der Weg zu diesem Holzgas ist lang, beginnend beim Feststoff, der erst vergast werden muss, mitunter mit Sauerstoffmangel, dabei entstehen Ruß und andere Schadstoffe. Die Verbrennungsbedingungen sind bei Holz grundsätzlich anspruchsvoller. Öl hingegen wird fein zerstäubt und verbrennt mit einer tieferen Feinstaubbelastung.
Bezogen auf die Energiedichte setzt Holz im Vergleich zu Öl und Gas mehr Kohlendioxid und Methan frei, zudem können Dioxine bei der Holzverbrennung entstehen.
Die Dioxine sind bei der Holzverbrennung nicht das primäre Problem. Die kommen zustande, wenn das Holz, das man verbrennt, nicht naturbelassen ist. Bei ungünstigen Bedingungen kann Dioxin emittiert werden, ist aber eher eine Ausnahme.
Pellets schneiden bei allen Schadstoffen insgesamt etwas besser ab als Scheitholz. Liegt das daran, dass Pellets normiert sind und deshalb kaum Wasser enthalten?
Die Verbrennung von Pellets lässt sich besser steuern, sie haben zudem eine große Oberfläche und verbrennen auch deshalb sauberer. Holzpellets verbrennen besser als Scheitholz. Holzpellets verbrennen besser als Scheitholz. : Bild: dpa
Welche anderen Schadstoffe werden bei der Holzverbrennung emittiert?
Feinstaub ist das größte Problem. Umweltschädlich sind aber auch die flüchtigen organischen Verbindungen, die NMVOC. Das sind kleine Moleküle, die als Gas ausgestoßen werden. Es gibt aber auch größere organische Moleküle, die bei hohen Abgastemperaturen gasförmig emittiert werden und in der Umgebungsluft zu Feinstaub kondensieren. Solche sekundären organischen Aerosole wirken – gleich wie Feinstaub in Form von Ruß – toxisch. Bei noch größeren Molekülen spricht man von Teer, der den Kamin zuwachsen lässt und zu Kaminbränden führen kann.
Hinzu kommt die Gefahr der Kohlenmonoxidvergiftung.
Kohlenmonoxid ist für die Luftqualität nicht ein Problem, weil Kohlenmonoxid an der Luft rasch zu Kohlendioxid oxidiert. Kritisch kann es sein, wenn die Anlage nicht richtig installiert ist, und Kohlenmonoxid in das Gebäudeinnere gelangt.
Geht von Kohlenmonoxid auch eine Gefahr im Heizungskeller aus, wo die Pellets gelagert werden?
Wenn das Lager richtig installiert ist, besteht für den Betreiber keine Gefahr.
Es heißt, die Lösung für Holzöfen könnten Feinstaubfilter sein. Aber mit echten Filtern haben die nichts zu tun, oder?
Bei den privaten Holzfeuerungen sind das keine Filter, sondern Abscheider. Bei den großen Holzöfen werden auch Filter eingesetzt. Elektrostatische Abscheider funktionieren so: Im Kamin werden mithilfe einer Hochspannungselektrode die Partikel aufgeladen und im offenen Rohr gegen die Kaminwand bewegt. Der Vorteil der Abscheider liegt darin, dass man für diese Anlagen kein Gebläse braucht, der das Abgas durch einen Filter drückt. Der Naturzug reicht. Der Nachteil ist, dass die Lebensdauer der Abscheider bei einer schlechten Verbrennung gering ist, sodass sie immer wieder gereinigt werden müssen. Bei einer guten Verbrennung können die Feinstaub-Emissionen allerdings deutlich gemindert werden.
Um wie viel?
Um locker siebzig bis achtzig Prozent. Übrig davon bleibt eine Art Asche, die zurück in die Feuerung fällt und dann entsorgt werden kann.
Das klingt erst einmal gut.
Ja. Das ist ein Erfolg.
Aber wenn ich jetzt eine Partikelanzahl von zehn Millionen habe und im besten Fall neunzig Prozent abscheide, sind ja immer noch eine Million Partikel übrig, die in die Luft geblasen werden, darunter etliche lungengängige Ultrafeinstaubpartikel. Abscheider lindern das Problem, lösen es aber nicht.
Klar, je weniger, desto besser. Deshalb sind Abscheider eine gute Sache.
Wenn man an Holzöfen denselben Maßstab anlegen würde wie an Dieselpartikelfilter, die zu 99,9 Prozent wirksam sind, dann wäre es aber deutlich zu wenig, denn bei Autos und Lastwagen sind die Vorschriften strenger als bei den Holzöfen. Es bräuchte also etwas Wirksameres als nur Abscheider. Oberflächenfilter beispielsweise, die heute schon Stand der Technik sind.
Das wäre nur mit hohem Aufwand umsetzbar und würde zudem viel Energie kosten.
Oberflächenfilter in privaten Holzfeueranlagen sind also nicht machbar und viel zu teuer?
Nach unserer Einschätzung: Ja. Wirkungsvoller wäre es, die Verbrennung noch weiter zu verbessern. Es gibt bereits Vergasungsmethoden für Heizkessel im Keller, die sogar ohne Abscheider weniger emittieren. Für die Luftqualität ist die Holzverbrennung in großen Anlagen zu bevorzugen. Dort ist eine Abluftreinigung effizient und effektiv.
In Deutschland gibt es für Holzöfen keine Vorschriften zur Anwendung der Abgasreinigung, einzig Emissionsgrenzwerte, die nachgewiesen werden müssen. Allerdings existieren keine Realemissionsgrenzwerte und auch keine Kontrollen. Sind denn in der Schweiz Abscheider vorgeschrieben?
Nein, aber es müssen in jedem Fall die Emissionsgrenzwerte der Luftreinhalte-Verordnung eingehalten werden. Es gibt Kantone, die Fördermittel von der Installation von Abscheidern abhängig machen. Nur in wenigen Fällen sind Abscheider nach nationaler Gesetzgebung verpflichtend: wenn Öfen nicht auf dem Prüfstand gemessen werden konnten und auch keine Abnahmemessung durchgeführt wird.
Viele Menschen befürchten, Experten wie Sie wollten ihnen ihr Holzfeuer wegnehmen.
Das ist nicht das Ziel. Die Menschen wohnen auf immer engerem Raum. Und wenn dann jeder sein Wohlfühlfeuer haben will, führt das in den Ballungsräumen zu einer übermäßigen Feinstaubbelastung.
Pelletöfen werden immer noch als Heizung der Zukunft dargestellt. Wird das funktionieren?
Es geht um den richtigen Mix der Energiequellen. In der Schweiz steht die Förderung der erneuerbaren Energien im Vordergrund, Holz gilt als nachhaltig. Aber wir sehen in der Schweiz, dass der nachwachsende Wald nicht für beliebig viele Holzfeuerungen reicht. Zwar werden die Anlagen immer besser, die Belastung sinkt, aber der Ausbau mit Pelletöfen hat Grenzen.
Wir haben jetzt seit knapp zwei Jahren eine Pelletheizung drin. Vorher Öl, knapp 10.000 Liter Verbrauch. Jetzt mit Pellets sinds 10t pro Jahr, also knapp die Hälfte der Heizleistung. Bei uns hängt auch ein Feinstaubfilter mit drin.
Das einzige, was nervt, ist der zu kleine Lagerraum. Der muss gut 3x im Jahr befüllt werden.
Laut BAFA-Förderung muss die Anlage für 10 Jahre die Primärheizung des Gebäudes sein. Ob sich das jetzt mit dem neuen Gesetz verträgt, sei mal dahingestellt. Ich würde auch gern eine Wärmepumpe einbauen, aber dafür muss ich erstmal gucken, wie‘s mit ner geringeren Vorlauftemperatur ist - aktuell sinds 56°C und da haben wir mit 240qm knapp 40kg Pellets am Tag verbraten.
Nachhaltig kann das Ganze wirklich nicht sein, vorallem wenn der Kram noch und nöcher in Altbauten gebaut wird, die potenziell viele Pellets brauchen :(