Solange man nichts an den beruflichen Aussichten als Erzieher/in ändert: Nein.
Ich habe selbst zwei kleine Praktika während meiner Schulzeit im örtlichen Kindergarten gemacht und empfand es eigentlich als schön, mit den Kindern zu arbeiten. Heute bin ich Softwareentwickler. Warum? Weniger Stress und Verantwortung bei höherem Gehalt und bequemerem Arbeitsplatz. Klar kann man als Erzieher nicht den ganzen Tag im Polstersessel vor dem Schreibtisch sitzen, das geht einfach nicht, aber dann könnte man es z. B. monetär entschädigen, um den Beruf attraktiver zu machen. Das passiert eben nicht.
CDU und FDP sagen Nein.
Oh, schade.
Erfahrungen aus unserem Umfeld:
- Fast alle Träger außer TvÖD zahlen quasi etwas mehr als Mindestlohn.
- Von vielen Erziehern wird Flexibilität zwischen den einzelnen Betriebsstätten verlangt.
- Selbst bei einem vernünftigen Personalschlüssel fährt man die MA auf Substanz. Ein Ausfall und schon steigt die Belastung der übrigen MA heftig & in der Regel will man nicht die Kita schließen.
- Es ist auch nicht hilfreich für MA, wenn der AG hinter den Eltern und nicht hinter den MA steht. Wenn Träger erlauben, dass Eltern ihre kranken Kinder dort abladen und sich hinterher wundern, dass die MA so viel krank sind.
- Erzieher ist der Job mit extrem hohen Krankentagen.
Es ist echt zum verrückt werden, gerade in den Berufen die absolut kritisch für unser Land sind und wo der größte Mangel herrscht, gibt es die schlechtesten Arbeitsbedingungen.
Man muss sich nur mal überlegen, wie viele gut ausgebildete Fachkräfte nicht oder nur deutlich reduziert arbeiten können, weil es an Kitaplätzen fehlt bzw. die Öffnungszeiten zu kurz sind. Die Leute fehlen dann in der Industrie, im Gesundheitswesen, im Handwerk… Volkswirtschaftlich könnte man Kitapersonal fast schon beliebig viel Geld zahlen und es würde sich noch lohnen. Klar geht es vielen nicht in erster Linie um’s Geld, aber die Bezahlung ist auch immer eine Form der Wertschätzung und hat letztendlich auch zur Folge, dass der Beruf attraktiver wird - wodurch sich wiederum der Personalschlüssel verbessern lässt.
Es sind immer die Berufe, die nicht nur aus monetären Gründen ergriffen werden: etwas für andere Menschen tun, für die Gesellschaft, für die Umwelt. Und dann so wenig zahlen und so schlechte Bedingungen zumuten, dass die Leute gerade nicht gehen. Zusätzlich ziehen diese Jobs Leute an, die sich schlecht abgrenzen und ihre Rechte vertreten können. Und selbst wenn sie persönlich es könnten, leiden dann wieder Patienten oder Kollegen darunter.
Irgendwie tragisch.
Ist ja auch logisch: Dann kann man immer sagen “Denk doch an die gute Sache” und braucht nicht mehr Gehalt auszuzahlen.
Auch dass man nicht krank sein kann, weil sonst Kolleg:innen bzw Patient:innen etc. drunter leiden ist - meines Erachtens - so gewollt. Dass das Kollegium gegeneinander ausgespielt wird, ist ja in den Berufen die man mit Applaus bezahlt Gang und Gäbe, aber hier hat man eben auch noch ‘Unschuldige’, hinter denen man sich verstecken kann.
Wie man Aufgaben die sehr wichtig aber gleichzeitig sehr unprofitabel sind überhaupt privaten Unternehmen überlassen kann, ist mir schleierhaft.
Das sehen Arbeitnehmervertreter wie die Gewerkschaft ver.di und die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber ähnlich. Bereits 2021 haben beide Seiten in seltener Einmütigkeit neue bundeseinheitliche Regeln für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern gefordert. Diese sollte effizienter, praxisnäher und so konkurrenzfähiger werden, etwa dadurch, dass sie für die Auszubildenden kostenlos ist und diese eine angemessene Vergütung erhalten, was längst noch nicht die Regel ist. Ziel sei es, mehr pädagogisches Personal in die Kitas zu bringen - eine Mammutaufgabe.
Was für eine großartige Idee, Leute nicht für ihre Ausbildung bezahlen lassen und sie dann noch zwingen eine lange Zeit umsonst zu arbeiten. Dass da keiner früher drauf gekommen ist.
Wenn man jetzt noch drauf kommen würde, was “angemessene Vergütung” ist und dass Menschen auch Aufstiegschancen wollen und dass man die Jugendämter statt von aussen von unten besetzen könnte, mit Leuten die tatsächlich mal Kinder gesehen haben statt nur Excel Tabellen über Kinder, dann könnte das etwas werden.
Ich glaub’s wenn ich es sehe.
Ist es nicht so, das Erzieher ihre Ausbildung nach wie vor selber bezahlen?
Bin interessiert: Was wäre eine Aufstiegschance im Kita-Bereich, abgesehen von der Leitung? Wie könnte man die Entgeltgruppen weiter differenzieren, sodass man nicht ab Anfang 20 festhängt?
Als wäre teils eklatant fehlende Fachlichkeit nicht sowieso schon ein Problem in KiTas, da sollte man jetzt nicht auch noch einen Haufen von Crashkurs-Erzieher*innen mit dazu setzen.
Gerade auch mit den steigenden Bedürfnissen von Kindern und dem Inklusionsgedanken, darf das eigentlich keine Lösung werden.
Natürlich kann man auch tolle Quereinsteigende als Mitarbeitende finden, aber die Gefahr, dass da völlig ungeeignete Leute landen, die dann mit “ich wollt mal was mit Kindern machen” kommen, ist da schon enorm.