Gastbeitrag von Dr. Daniel Mullis

Verunsicherung und Unruhe sind Folge der Krisen der letzten fünfzehn Jahren. Die Zukunft ist ins Wanken geraten und die Menschen suchen nach Halt in haltlosen Zeiten. Sie finden ihn in der imaginierten Normalität der vergangenen Aufstiegsgesellschaft. Es ist eine Vergangenheit ohne lästige Klimakrise und Transformationsdruck, sie ist homogener und klarer strukturiert. Das ist es, was die AfD mit ihrem Kulturkampf, mit ihrem Versprechen „Deutschland. Aber normal!“ politisiert und mit dem sie Menschen emotional beheimatet. Damit bindet sie Menschen über politische Grenzen hinweg an sich, und das ist auch der Grund, warum beides, der Kulturkampf der Unionsparteien und die Hoffnung, dem Aufstieg der Rechten mit Aufklärung zu begegnen, in die Sackgasse führen.

  • TheBawbe83@discuss.tchncs.de
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    1 year ago

    Ich habe mir - gerade im Rahmen der letzten Wahlumfragen - mal so ein paar Gedanken gemacht wie man die Situation vielleicht noch einfangen könnte… und da bin ich tatsächlich bei den Methoden der Faschisten (also dem Original, aus den 20ern und 30ern des letzten Jahrhunderts) gelandet:

    • Wir brauchen Propaganda, gute Propaganda. Was bringt am ehesten Frieden im Inneren? Ein äußerer Feind der für alle derzeitigen Übel verantwortlich ist… ich denke man könnte hier mit entsprechenden Mitteln den Klimawandel (der ja tatsächlich für viele der derzeitigen und zukünftigen Übel verantwortlich ist) und die entsprechenden Verursacher (Ölkonzerne etc.) hier entsprechend positionieren. Eine derartige Propaganda darf nicht nur über die Mainstreammedien erfolgen, sonder müsste auch durch großangelegten Einsatz von Bots, bezahlten Schreibern etc. in Foren, Telegrammgruppen und anderen Plattformen erfolgen.

    • Massive, akzeptabel bezahlte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Geringqualifizierte: Im letzten Jahrhundert waren es die Autobahnen die mit viel Personalaufwand gebaut wurden (obwohl es effizientere Mittel gegeben hätte), heute könnten dies Arbeiten im Bereich der Renaturierung, der Ausbau der Erneuerbaren, Aufbau eines besseren ländlichen Nahverkehrsnetzes etc. sein… und wenn das ganze nicht als Pflichtprogramm, sondern als “patriotische Aufgabe” geframed wird (“Du willst nicht, dass Ali und Aishe oder Achmed hier her kommen um zu arbeiten? DANN PACK AN!”. “Du willst keine Flüchtlingsströme? DANN HELF MIT DEN KLIMAWANDEL ZU BEKÄMPFEN!” ) dann greift man damit bestimmt so manchen Hubert, Karl oder Kevin ab und leitet seine überschüssigen Energien in sinnvolle Aufgaben.

    • Ausländer-, LBGTQ- und sonstige Feindlichkeiten: Hier greift wieder Punkt 1: Propaganda. Man muss herausstellen, dass WIR die Guten sind und uns hier gerne auch gegen $DIE_ANDEREN (hier gerne diverse Unrechtsstaaten aus der arabischen Welt einsetzen) als positiven Gegenentwurf herausstellen.

    Bisher wird versucht alles über das Ideal des “aufgeklärten Staatsbürgers” zu lösen, aber die Realität zeigt uns doch: Es gibt eine nicht gerade kleine Gruppe von Menschen die lieber einfache Wahrheiten hört, die ein “wir” gegen “die” bevorzugen… ich denke es ist an der Zeit diesen Menschen ihre einfachen Wahrheiten zu geben.

    Eine solche Kampagne kostet Geld, viel Geld, das verstehe ich… aber was wird es uns kosten 20, 30 oder 40 Prozent der Bevölkerung an Rechtsextreme Parteien zu verlieren?

    • Rhllor@feddit.de
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      1 year ago

      Der erste Punkt vernachlässigt das Dilemma, dass die fossile Industrie sehr eng mit der Politik verschlungen ist. Als Beispiel gehört der Stadt Dortmund 4.8% der RWE Aktien, weitere kommunale Stadtwerke sind beteiligt. Da kommen Millionen in die eh schon klammen Kassen der Kommunen. Das Land Niedersachsen hält rund 12% (bzw 20% der Stammaktien) der Aktien der Volkswagen AG. Gewerbesteuereinnahmen so da überhaupt noch nicht berücksichtigt.

      Soll heißen: wenn man sich (edit: als Politik) die fossile Industrie als Gegner aussucht, haut man sich gleichzeitig die Axt ins eigene Schienbein.

      • A2PKXG@feddit.de
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        1 year ago

        Die finanziellen verstrickungen gehen auch weit über die Politik hinaus, die ja letztendlich nur die Geldströme beobachtet. Es sind Firmen wie Volkswagen, die deutschland überhaupt am laufen halten. und zwar nicht nur über hunderttausende Arbeitsplätze, sonder auch mit Steuern, die tausende Sozialempfänger stützen usw

    • halsbandsittich@feddit.de
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      1 year ago

      Ist richtig, wie du es sagst, aber im Kapitalismus kannst du so etwas nur mit massivem Verdienst für entsprechende Unternehmen motivieren. Wenn wir z.B. reichlich deutsche Solarindustrie hätten (und die Regierung die in den letzten 20 Jahren nicht weggebissen hätte), dann könnte man das bestimmt wie beschrieben umsetzen.

    • bmaxv@noc.social
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      1 year ago

      @TheBawbe83 @EddyBot ein Teil davon das das nicht gehen wird, ist das die Nazis ihre gesamte Kriegswirtschaft und alles was das so dran hing mit Krediten finanziert hat. Der Plan war die mit Plünderung/Reparationszahlungen zurück zu zahlen.

      Gelöst wurde es mit der Währungsreform, wo alle alles Geld verloren haben, und die Grundbesitzer fein raus waren.

      • TheBawbe83@discuss.tchncs.de
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        1 year ago

        Ich denke wenn wir die Wahl zwischen einer hohen Staatsverschuldung oder einer weiteren und noch tieferen Spaltung der Gesellschaft haben ist ersteres zu bevorzugen. Wir WERDEN die Menschen die sich der AfD zugewandt haben nicht mit den bisherigen Mitteln (Dialog, Ausgrenzung, Aufklärung) zurück in die Normalität holen.

        Das Feuer brennt schon… es bleibt einzig die Frage was wir jetzt machen: Gegenfeuer oder alles abbrennen lassen und sehen was wir aus der Asche machen können?

        • sirjash@feddit.de
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          1 year ago

          Wir brauchen nicht mal eine hohe Staatsverschuldung. Selbt bei einer auf dem Niveau aller anderen G7 Staaten könnten in Deutschland massiv Mittel mobilisiert werden.

    • Sodis@feddit.de
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      1 year ago

      Wovon sprichst du bei deinem zweiten Punkt? Ein besser bezahlter Niedriglohnsektor, damit die Leute da keine so starken finanziellen Ängste haben? Weil die Arbeitslosenquote ist in Deutschland sehr gering und darunter sind auch viele, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können. Wir sind nahe an der Vollbeschäftigung.

      • TheBawbe83@discuss.tchncs.de
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        1 year ago

        Ich spreche hier in erster Linie von den Menschen die früher die klassischen “Malocherjobs” gemacht hätten: Schlecht ausgebildet, vermutlich diverse Defizite oder Süchte… einfach die Menschen die in der heutigen Welt auf der Strecke bleiben. Diesen Menschen einfach nur ausreichend Bürgergeld zu zahlen reicht nicht aus, sie müssen wieder eine Aufgabe bekommen (“Arbeiterstolz” und so…).

        Das gleiche trifft auch auf viele strukturschwache Regionen zu in denen Menschen leben die aus diversen Gründen schlicht nicht wegziehen können oder wollen: Auch hier müsste der Staat in einem gewissen Rahmen Stellen (gerne auch komplett staatlich) schaffen.

        • Sodis@feddit.de
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          1 year ago

          Ich glaube, du überschätzt die Zahl der Menschen, auf die das zutrifft etwas. Es ist aber auch wahnsinnig schwer dazu Daten zu finden, weil die Leute zwischen Jobs, die, die sich gerade um Familie kümmern, die, die einfach nicht arbeiten wollen, die, die nicht mehr arbeiten können, alle unter einer Zahl zusammengefasst werden.

    • checkup@feddit.de
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      1 year ago

      Um das ganze auf sachlicher Ebene zu betrachten: Es gibt Staaten, für die bedeutet der Klimawandel keine Flüchtlingsströme, weil sie es nicht erlauben. Man muss den Menschen das niedrigqualifizierte Bevölkerungswachstum nicht erklären. Das haben tatsächlich alle verstanden, sie bewerten es nur unterschiedlich.